29. Februar 2016

Realer Irrsinn: Keine Radwege auf der Oberbaumbrücke

Madness: No cycle tracks on Oberbaumbrücke
Aktualisiert um 23:05 Uhr

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Oberbaumbrücke 2004: "Radfahrer absteigen" / "ungenügende Brüstungshöhe"


Gefährliche Brückengeländer

Beim Ausbau des Straßennetzes für die Hamburger Hafencity sollte es vor rund fünfzehn Jahren entlang aller großen Hauptverkehrsstraßen benutzungspflichtige Radwege geben. Auch für die Hauptstraßenachse vom Deichtorplatz über Oberbaumbrücke und Brooktorkai Richtung St. Annen sollten Radler auf Radwegen fahren. Vom Deichtorplatz aus wurden Richtung Hafencity die in Hamburg allgemein üblichen roten Radwege angelegt. Später erfolgten aus Richtung Hafencity bis zur Oberbaumbrücke die in der Hafencity üblichen grauen Radwege. Das Hafencity-Radverkehrskonzept zeigt immer noch an, dass für die Oberbaumbrücke gemeinsame Geh- und Radwege vorgesehen seien. Doch schon seit mehr als zehn Jahren ist das Radfahren auf den Gehwegen der Oberbaumbrücke verboten. Zwar führen aus beiden Richtungen bis an den Rand der Brücke Radwege heran, doch müssen Radler auf der Brücke die Fahrbahn benutzen. Der Grund für die unterbrochene Radwegeführungen ist die zu niedrige Geländerhöhe. Bei Führung des Radverkehrs auf dem Gehweg müsste die Brückengeländer 1,3 Meter hoch sein. Die jetzigen Geländer sind zu niedrig.


 Oberbaumbrücke: Fahrbahn benutzen oder schieben

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Oberbaumbrücke aus Richtung Deichtorplatz: Radwegwende

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Oberbaumbrücke aus Richtung Deichtorplatz 2016: Radwegende

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Oberbaumbrücke aus Richtung Hafencity: Radwegende


Wie Ernst das Problem mit den Geländerhöhen ist, zeigte der Anbau einens provisorischen Holzgeländers auf der Dag-Hammarskjöld-Brücke während der Baustelle am Dammtordamm, als der Radverkehr vor fünf Jahren über die Fußgängerbrücke umgeleitet wurde.


Geländererhöhung an der Dag-Hammarskjöld-Brücke

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Doch noch immer sind viele Hamburger Brücken, auf denen das Radfahren erlaubt ist, nicht verkehrssicher. Beispielsweise haben die Brücken entlang der ausgewiesenen Radwanderroute entlang des Wandsewanderweges meist nur Geländerhöhen von einem Meter. Das Radfahren müsste dort logischerweise umgehend verboten werden, solange die Brückengeländer nicht den Sicherheitsnormen entsprechen.


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Wandskanalbrücke am Nordmarkteich im Verlauf des Wandsewanderweges:
Eigentlich müsste das Radfahren hier sofort verboten werden

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Ein Prominentes Beispiel für die Problematik um Geländerhöhen ist die Albertbrücke in Dresden. Weil Radfahrer seit Sanierung der Brücke auf der Nebenfläche fahren sollen, musste zu deren Sicherheit das Geländer erhöht werden. Um das niedrige historische Geländer zu erhalten, wurde ein zweites zusätzliches höheres Schutzgeländer angebracht. NDR extra 3 hatte sich letzte Woche dieser Thematik angenommen.

Risiko Oberbaumbrücke

Dass die Lücke im Verlauf der Radwege entlang der Hamburger Oberbaumbrücke nun schon seit weit mehr als zehn Jahren besteht, ist skandolös. Die jetzige Regelung führt zu regelwidrigem Verhalten. Die meisten Radler werden auf den Gehwegen über die Brücke radeln, andere u.U. ohne ausreichende Sorgfalt auf die Fahrbahn ausweichen - bis irgendwann ein Unfall passiert. Dann muss die Stadt endgültig handeln . . .



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6 Kommentare:

  1. Natürlich ist das mit der Brüstungshöhe eine Farce. Wenn ich mir die Fotos so ansehe, scheint mir aber nicht dies der eigentlicher Skandal, sondern wie dort im 20. Jahrhundert bei Neubauten der Raum verteilt wird.

    Scheiß auf die Brüstungshöhe. Wie soll ich mich denn bitte auf diesen paar Zentimetern mit meinem Rad gefahrlos an Fußgängern vorbeiquetschen? Vielleicht noch ältere Personen, denen bei jedem Windzug der Oberschenkelbruch droht? Oder Menschen mit Kindern? Oder Hunden?

    Ich weiß nicht, ob diese Brücke grundsätzlicher breiter konzipiert hatte werden sollen oder können. Aber unter dem gegebenen Platz gehört der Radweg auf die rechte von den zwei Fahrspuren. Und die Fußgänger auf ihren paar Zentimetern von mir in Frieden gelassen.

    Denn diese Fußgänger haben ein Recht darauf, ihre Schritte im öffentlichen Raum zu unternehmen, ohne dass der rollende Verkehr - also unter anderem ich - von ihm durch die Wegeplanung aufs Korn genommen wird.

    Ich als Teil des rollenden Verkehrs fände das wiederum ganz nett, wenn ich mich halbwegs sicher vor dem motorisierten Teil dieses rollenden Verkehrs bewegen könnte. Im Sinne des von mir propagierten "Ein Schritt nach dem nächsten": Wenn dann der Radweg auf diese rechte Fahrspur geführt wird - da liegen doch in weiser Voraussicht diese hässlichen Beton-Halbkugeln. Ihr kennt halt Eure Pappenheimer und wisst schon, warum Ihr die dort hingekarrt habt. Warum die nicht einfach um so ca. 2 Meter versetzen? Und schon hat man eine - bei diesem Querschnitt - ideal aufgeteilte Brücke. Kann so einfach sein.

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    1. Die Betonkugeln wurden längst entfernt. Auf dem bild von 2004 sind sie noch zu sehen, auf den späteren nicht mehr. Vermutlich hatten vormals Lkw dort geparkt.

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  2. Die Brücke ist älter als die Radwege. Die Brücke stammt aus dem 20. Jahrhundert, die Radwege aus dem 21. Jahrhundert. Für das Verkehrsnetz der Hafencity wurde die vorhandene Brücke 1:1 übernommen ohne eine Neuaufteilung der Flächen für Fahrbahnen und Nebenflächen. Immerhin sind die Radwege nicht mehr benutzungspflichtig. Für unsichere Radfahrer mag das kein Trost sein. Viel schlimmer aber als die Lücke im Radweg war die frühe Radwegeplanung für den Straßenzug ab der Oberbaumbrücke entlang Brooktorkai Richtung Am Sandtorkai. Wenige Meter hinter der Brücke sollten Radfahrer ursprünglich auf den einseitigen linken Radweg wechseln müssen. Wer sein Ziel etwas weiter auf der rechten Seite hätte, hätte dann erneut die Fahrbahn wechseln müssen. Im weiteren Verlauf entlang Am Sandtorkai verläuft der ehemalige Zweirichtungsradweg vor den Ein- und Ausfahrten der Tiefgaragen aller anliegenden Bauten entlang - mit all den negativen Risiken. Die Benutzungspflicht konnte aufgehoben werden - der Radweg darf heute nur in eine Richtung befahren werden, in die andere Richtung fehlt eine gesonderte Radverkehrsanlage. Die ehemals zuständige Stadtentwicklungsbehörde und Hafencity GmbH waren vor rund fünfzehn Jahren nicht davon zu überzeugen, dass ein einseitiger Zweirichtungsradweg vor Tiefgaragen eine schlechte Idee sei. Zudem endet die Zweirichtungsradwegleiche in Richtung Westen noch weit vor der Niederbaumbrücke. Im westlichen Tel der Straße Am Sandtorkai gibt es eben gar keine Radverkehrsanlagen - auf keiner Straßenseite. Die Straße wurde von ursprünglich zwei auf vier Fahrspuren aufgeweitet. Da blieb kein gesonderter Platz für Radfahrer, obwohl die Niederbaumbrücken keine vier Autofahrspuren haben.
    Das ursprüngliche Verkehrskonzept für die Hafencity war sehr MIV-lastig.

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  3. In welcher Vorschrift finde ich die zulässigen Brüstungshöhen? Ist das eine Hamburger Vorschrift oder steht das in den einschlägigen Richtlinien zur Straßengestaltung?

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    1. In der ERA - Empfehlungen für Radverkehrsanlagen, die als gültiges Regelwerk zur StVO gilt.

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  4. Dass bei genügend Wumm nicht mal 1,30 Meter reichen müssen, um tödliche Unfälle zu vermeiden, zeigen die Abstürze von der Holtenauer Brücke in den Jahren 2006 und 2010.

    http://www.abendblatt.de/region/norddeutschland/article107862206/Radfahrer-stuerzt-40-Meter-tief.html

    http://www.shz.de/lokales/sylter-rundschau/holtenauer-bruecke-radfahrer-stuerzt-in-den-tod-id2533351.html

    http://www.apt-holtenau.de/holtenau-info/aktuell/blogger/suizid-hochbruecke.htm

    Weniger schnelle Radfahrer brauchen daher wenigstens die vorgeschriebenen 1,30 Meter Höhe als Absturzsicherung - und zwar an jeder Brücke, an der Radverkehr direkt vor dem Geländer erlaubt oder geduldet ist.

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