8. April 2015

Hamburg soll Fahrradstadt werden: Willkommensklima für den Radverkehr

Hamburg should become city of cyclists

© Stefan Warda


Der Entwurf des Koalitionsvertrags für den künftigen Senat liegt nun vor. Werden die Mitgliederversammlungen der Grünen und SPD zustimmen, könnte Hamburg den bislang radverkehrsfreundlichsten Senat bekommen - zumindest nach dem Absichtserklärungen des vorliegenden Vertragsentwurfs. Das Budget für den Radverkehr soll auf sechs Millionen Euro je Jahr gedeckelt sein. Zusätzlich zu diesem Budget sollen je Jahr 100 Kilometer Straßen instandgesetzt werden, darunter auch Rad- und Gehwege. Das seit den 1990er Jahren geplante Veloroutennetzkonzept, das laut der Radverkehrsstrategie für Hamburg von 2008 in diesem Jahr fertgiggestellt sein sollte, soll nun bis 2020 vervollständigt werden. Zusätzlich soll jeder Bezirk einen Radschnellweg erhalten. Auch das StadtRAD-System soll ausgebaut werden.

Neu ist die beabsichtigte Ausweitung des Winterdienstes für den Radverkehr, der bislang allerdings noch nicht funktioniert hatte. Neu ist eine Kampagne, die den Weg zur Fahrradstadt unterstützen soll. Radwegbenutzungspflichten sollen weiter abgebaut werden, noch mehr Einbahnstraßen sollen geöffnet werden.

Hamburg wird Fahrradstadt
In Hamburg ist der Trend zum Radfahren ungebrochen. Der Radverkehrspegel steigt seit Jahren kontinuierlich, das Fahrradleihsystem hat sich zum absoluten Erfolg entwickelt und in der Stadt formulieren immer mehr Radfahrerinnen und Radfahrer ihren Wunsch nach guten Radfahrmöglichkeiten. Die Koalitionspartner begrüßen diese Entwicklung ausdrücklich. Sie sehen im Radverkehr einen wichtigen Ansatz, um die Straßen vom KFZ-Verkehr zu entlasten und damit die Lärm-, Luft-und Stau-Probleme zu verringern. Radverkehr bekommt daher in der Hamburger Verkehrspolitik einen deutlichen Stellenwert. Um dies zu erreichen, erklärt der Senat Radverkehr zu einem weiteren Investitionsschwerpunkt und wird die finanziellen Aufwendungen für den Radverkehr an dem Radverkehrsanteil im Hamburger Straßenverkehr (Modal Split) ausrichten. Die Koalitionspartner einigen sich darauf, den Radverkehrsanteil in den zwanziger Jahren auf 25 Prozent zu steigern. In der Verwaltung werden die entsprechenden personellen Maßnahmen getroffen werden. Zudem wird Radverkehr als eigenes Ziel im Katalog für die kontinuierliche Verkehrsentwicklungsplanung aufgenommen.

Die Fahrrad-Werkstatt mit allen am Radverkehr beteiligten Behörden und öffentlichen Unternehmen wird fortgeführt.

Ähnlich dem Vertrag für Hamburg soll mit den Bezirken ein Bündnis für Radfahren geschlossen werden. In der für Verkehr zuständigen Behörde wird nach dem Vorbild der Wohnungsbaukoordinatorin/des Wohnungsbaukoordinators eine Fahrradkoordinatorin/ein Fahrradkoordinator eingesetzt. 

Das Radwegenetz wird saniert. Wo möglich und sinnvoll sollen Radfahrstreifen und Schutzstreifen für Radfahrerinnen und Radfahrer angelegt werden. 

Radverkehr wird eine feste Größe in der Planung von Straßenbaumaßnahmen. So werden bei Grundinstandsetzungen und Sanierungsmaßnahmen an der entsprechenden Stelle parallel Verbesserungen für den Radverkehr umgesetzt werden. Dies soll auch gelten für Straßen in Verantwortung der Bezirke. 

Nicht mehr benötigte Radwege werden zugunsten der Fußwege im Rahmen von Instandhaltung zurückgebaut. 

Vor signalisierten Knoten werden ausreichend große Aufstellflächen für Fahrräder eingerichtet, die sich am steigenden Radverkehrsaufkommen orientieren. 

Wo es die Verkehrsverhältnisse zulassen, soll es vermehrt Fahrradstraßen geben. 

Das Veloroutennetz, auf dem die Radfahrerinnen und Radfahrer zügig, bequem und weitgehend ungehindert vorankommen sollen, wird kontinuierlich ausgebaut. Es soll bis zum Ende der Wahlperiode fertiggestellt werden. Bau, Sanierung und Widmung von Radverkehrsanlagen soll auf ein Niveau von 50 km Radverkehrsanlagen per anno gesteigert werden. Die Fachbehörde wird weitere Radverkehrsachsen definieren und das Veloroutenkonzept erweitern. 

Als sinnvoll sehen die Koalitionspartner eine attraktive Querung für den Radverkehr über die Norderelbe, um Wilhelmsburg und die Veddel besser mit der Innenstadt zu verbinden. 

Soweit die Velorouten auf Nebenstraßen geführt werden, sollen diese in der Regel als Fahrradstraßen eingerichtet werden, sofern die Straßenverkehrsordnung (StVO) dies zulässt. Das Fahrradachsenkonzept rund um die Alster wird schrittweise realisiert. 

In jedem Bezirk wollen wir bis spätestens zum Abschluss der Wahlperiode eine Route für einen Radschnellweg auf den Weg bringen und in der nächsten Legislaturperiode bauen, so dass Hamburg ein besonderes Radpendler-Angebot bietet. 

Zudem sollen Einbahnstraßen weiterhin soweit wie möglich für den Radverkehr freigegeben werden; hierbei sollen Vorschläge der Bezirke und Bürgerinnen und Bürger in die Prüfung einbezogen werden, um eine größtmögliche Zahl zu erreichen. 

Die Koalitionspartner werden die Radwegebenutzungspflicht einschränken. Angeordnet werden soll sie nur noch auf Straßen, wosie aus Sicherheitsgründen erforderlich ist, es keine gefährlichen Einmündungen gibt und die Radwege eine hinreichende Breite haben. In diesen Fällen ist stets eine gesonderte Signalisierung für den Radverkehr an Ampelanlagen vorzusehen und eine Roteinfärbung von Radwegfurten an den Knotenpunkten zu prüfen. 

Mit der Deutsche Bahn (DB) Rent AG werden Gespräche aufgenommen und das StadtRad-Netz um mindestens 70 Stationen in 2015 erweitert. Bei einer Neuausschreibung des Fahrradleihsystems soll explizit das Flottenangebot verbessert werden. Sowohl Pedelecs als auch Lastenräder oder solche mit Kindersitz sollen im Portfolio des zukünftigen Anbieters enthalten sein. 

Die Koalitionspartner werden das auf den Weg gebrachte Bike+Ride-Konzept schneller umsetzen als bisher geplant. 

Der Senat wird die Online-Hinweisplattformen für Radverkehrsanliegen wie „FahrRat Altona“ auf das ganze Stadtgebiet ausweiten. 

Die Räumung wichtiger Radwege von Schnee und Eis wird ausgeweitet. 

Die Koalitionspartner möchten in Hamburg ein Willkommensklima für den Radverkehr schaffen und eine langfristige, facettenreiche, moderne Kampagne starten, die die Vorteile des Fahrrads als ideales städtisches Verkehrsmittel ins Gespräch bringt. Dabei soll das positive Image des Radfahrens verstärkt werden und identitätsstiftend wirken. Eine solche Kampagne kann Radfahren inszenieren und erlebbar machen. Damit können Mobilitätsgewohnheiten hinterfragt und zum Umsteigen motiviert werden. 

Ein wesentliches Werkzeug, das offenlegt, wie viele Radfahrerinnen und Radfahrer in der Stadt unterwegs sind, sind die bereits seit 2014 eingesetzten Zählsäulen für den Radverkehr. Die Koalitionspartner streben an, dass in jedem Bezirk eine Säule aufgestellt wird.


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2 Kommentare:

  1. Autoparteien SPD und GAL schließen Regierungsbündnis.

    " Werden die Mitgliederversammlungen der Grünen und SPD zustimmen, könnte Hamburg den bislang radverkehrsfreundlichsten Senat bekommen - zumindest nach dem Absichtserklärungen des vorliegenden Vertragsentwurfs....
    "Nicht mehr benötigte Radwege werden zugunsten der Fußwege im Rahmen von Instandhaltung zurückgebaut." "

    Wer benötigt die nicht mehr? Oder werden sie etwa, ein Schelm, wer Böses dabei denkt, zuviel frequentiert?
    In jeder, wirklich in jeder fahrradfreundlichen Stadt dieser Erde würden sich die Leute an den Kopf fassen. Nicht einmal die übelste Autofahrerpartei in diesen Städten würde die Stirn haben, den Rückbau von Radinfra als "fahrradfreundlich" verkaufen zu wollen.

    Wohlwollend könnte man sagen: Im letzten Jahrhundert stecken geblieben. Wenn man nicht wüsste, dass Wohlwollen gegenüber den Vollstreckern der Industriepolitik (Autoabsatz vs menschenfreundliches Hamburg) gänzlich fehl am Platz ist.

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    1. Den Rückbau "nicht mehr benötigter" Radwege mag jeder aus seiner Sicht anders interpretieren. Doch wozu werden beispielsweise Radwege in Tempo 30-Zonen gebraucht, die es streckenweise immer noch gibt? Andererseits werden in Hamburg auch dort Radwege zurückgebaut, wo es bei vergleichbaren Rahmenbedingungen (Verkehrsmenge, Geschwindigkeit) in Kopenhagen breite gut benutzbare Radwege gäbe. Dazu muss man aber auch sehen, dass es in Kopenhagen viel weniger Straßenbäume und Parkplätze gibt. Viele "Radwege" lassen sich in Hamburg nicht erneuern, weil dafür Bäume gefällt und / oder Parkplätze beseitigt werden müssten, um sicheres Radfahren auf regelkonformen Radwegen (oder anderen Radverkehrsanlagen) zu ermöglichen. Unsichere Fakeradwege nützen nicht den Radfahrern, sichere Radwege (oder andere Radverkehrsanlagen) sind nicht durchsetzbar, weder bei der FDP, noch bei CDU, SPD oder den Grünen. Es gäbe dann in jedem Stadtteil Wutbürger, die sich um den Verlust von Bäumen und Parkplätzen (Beispiel Papenhuder Straße) beklagen würden und eine Initiative "Unser Mühlenkamp", "Unser Wiesendamm", "Unser Hamburg" gründen würden.

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