11. März 2015

Radverkehr in Hamburg: Kommt jetzt der große Wurf?

Cycling in Hamburg: Breaking through with new government?
Aktualisiert

© hamburgize.com / Stefan Warda
Neuer Radweg in die Hafencity?


Das Hamburger Abendblatt und der NDR berichteten von Details der Koalitionsverhandlungsgespräche zwischen SPD und Grünen. Die Stadtbahn scheint vorerst erledigt, dagegen soll der Radverkehr mehr als je zuvor gefördert werden - soll! Erwähnt wird ein "Bündnis für Radverkehr". Entlehnt wurde der Begriff dem "Bündnis für Wohnen", einer Vereinbarung zwischen der FHH und wohnunsgwirtschaftlichen Verbänden über Wohnungsneubau, Klimaschutz und Energieeffizienz, Erhalt der Backsteinfassaden und integrative Wohnungspolitik. Was sollen wir uns darunter vorstellen? Ein Bündnis der FHH mit Mobilitätsverbänden, ggf. dem HVV, und wem noch? Ziel soll wahrscheinlich sein den Radverkehr vor allem durch Intensivierung des Infrastrukturausbaus zu fördern, ähnlich dem verstärktem Bau von Wohnungen. Nur werden Radwege, Radfahrstreifen, Schutzstreifen und Fahrradstraßen im öffentlichen Raum gebaut und (fast) nie auf Privatgelände. Müssten dann nicht die am Straßenverkehr beteiligten Behörden ein Bündnis untereinander schließen, also die Verkehrsbehörde mit den Bezirken als Baulastträgern, die Behörde für Inneres und die Verkehrsdirektion und die Straßenverkehrsbehörden bei den Polizeikommissariaten als Straßenverkehrsbehörden, sowie Mobilitätsverbände wie ADAC, ADFC, BUND, VCD usw. ? Vielleicht sogar ein Bündnis mit den Initiativen "Unser Winterhude", "Unser Mühlemkamp", "Unsere Uhlenhorst", "Unser St. Georg", "Unser Hamburg"?


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Neuer Radweg Kreuzung An der Alster / Ferdinandstor?


"Bündnis für Radverkehr"

Wozu braucht es ein solches Bündnis? Wahrscheinlich sollen Widerstände abgebaut werden. Hemmnisse gab es bislang eher im eigenen Politikbetrieb. So haben beispielsweise die gleichen Parteien, die die Radverkehrsstrategie für Hamburg bestellt und beschlossen haben, diese Strategie später hintertrieben, verschleppt und torpediert. Kann ein Bündnis mehr Linientreue und Kontinuität auf dem Weg zu einer Metropole mit einem menschengerechten Mobilitätsangebot erreichen? Wir sind gespannt auf Details zu diesem Bündnis.


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Neue Fahrradstraße Farmsen / Berne?


Als Maßnahmendetails sind bislang der Bau von sieben Radschnellwegen nach dem Vorbild des "LOOP" auf der Elbinsel bekannt geworden, sowie irgendwann die Vollendung des Veloroutennetzes. Auch sollen weitere Radwegbenutzungspflichten entlang von Hauptstraßen aufgehoben werden. Wollen die Grünen die Innenbehörde regieren? Zudem soll irgendwann ein Radverkehrsanteil von 25% angepeilt werden.


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Neuer Radweg Lombardsbrücke?


Interessant ist die Verknüpfung des "LOOP" mit Radschnellwegen allemal, denn auf weiten Abschnitten des "LOOP" handelt es sich um Gehwege, auf denen das Radeln nur im Schritttempo erlaubt ist. Radfahrer sind dort also ähnlich zu Gast wie in einer Fußgängerzone. Stellen sich die Grünen schnelles Radeln nur noch im Schritttempo vor? Richtige Schnellradwege gibt es in den Niederlanden. Ein Besuch solcher Projekte wäre sicherlich wertvoll, bevor in ganz Hamburg Radeln nur noch im Schritttempo angesagt sein wird.


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Neuer Radweg am Ballindamm?


Ohnehin hat es immer schon gerne Ankündigungen gegeben. Eine Radverkehrsstrategie, an die sich kaum jemand hält, eine Umwelthauptstadt, die vorgab, eine Radwegenetz zu haben, das in der Realtität bis heute nicht existiert, ein rot-grüner Senat, der den Ausbau eines Veloroutennetzes versprach und doch nur wenige Linienastabschnitte in überwiegend minderwertiger Qualität herstellte, ein Winterdienst auf Radwegen, der seit Bekanntgabe vor fünf Jahren bis heute nicht exisiert. Heute wird gerade die Veloroute 1 entlang Feldstraße und Neuer Kamp, die zu rot-grünen Zeiten 2001 schon hergestellt wurde, erneut angefasst und komplett umgestaltet. Achja, das oft erwähnte Veloroutennetzkonzept: Es sollte schon mehrmals komplett fertig gestellt sein. Wie sich die Zeiten immer wieder ändern in Hamburg.


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Zukünftige Baustelle Ferdinandstor?


Kritik an der neuen Radverkehrspolitik gibt es von Seiten der CDU. Zwar hatte die CDU die Initiative für die Radverkehrsstrategie für Hamburg in der Bürgerschaft eingebracht und das Strategiepapier mitbeschlossen, mittlerweile hat sich Hamburgs CDU von ihrer alten Position verabschiedet und arbeitet gegen die Radverkehrsstrategie. So werden anvisierte Projekte des zukünftigen rot-grünen Senats, die auch in der vormals von der CDU mit erarbeiteten Radverkehrsstrategie für Hamburg enthalten sind, als "ideologisch" abgetan. Übrigens bauen die Niederländer (und Dänen) Radschnellwege, um chronisch überlastete Autobahnen und Fernstraßen zu entlasten, und nicht, um Autofahrer zu ärgern.


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Neuer Radwegtunnel Deichtorplatz?


Ein Blick nach Berlin zeigt, dass auch dort gern einiges versprochen wird, und später dann im Behördendschungel versackt. Die Radverkehrsstrategie für Berlin dümpelt auch nur so daher als Aushängeschild für Klimapolitik und Feigenblatt der eher autofreundlichen Verkehrspolitik.



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Neue Fahrradstation am Hauptbahnhof?


Vorfahrt für Radfahrer?

Seit Jahren aufgeschobene Altlasten werden in fünf Jahren signalisieren, ob es eine "Fahrradstadt Hamburg" je gegeben haben wird: Was wird mit den zahlreichen Fakeradwegen wie in der Habichtstraße, der Lauensteinstraße oder der Langenhorner Chaussee geschehen, wie werden neue Fahrradstraßen im Verlauf der neuen Veloroutenabschnitte aussehen, z.B. in der Thadenstraße auf St. Pauli oder der Chemnitzstraße? Wird es auch in fünf Jahren immer noch die Kombination von Parkplätzen neben "Radwegen" geben, ohne dass Radler die erforderlichen Sicherheitsabstände zu Stehzeugen auf solchen Fakeradwegen einhalten können? Wird es in fünf Jahren keine Kampfparker auf Radwegen und Radfahrstreifen mehr geben? Sollen Radfahrer an Hamburgs Baustellen auch in fünf Jahren noch absteigen?


Gutes Gelingen dem neuen Senat

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Gutes Gelingen unserem ersten Bürgermeister und seinem zukünftigem Senat für die Bewältigung der immensen Aufgaben für einen zeitgemäßen und sicheren Radverkehr



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5 Kommentare:

  1. Selbst die fertigen Velorouten sind ja teilweise ein Witz.
    Ich fahre immer auf der 6 und frage mich jedes mal, wenn ich stadtauswärts will, wie man von der Alster bis zur Fahrradstraße an der Eilbek komme.

    Ob mir das der Verkehrssenator sagen kann? Ich glaube das weiß keiner.

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  2. Moin, ich hab´ Eure Seite grad gefunden (verlinkt über die TAZ) und finde sie sehr informativ und hilfreich. Was krass nervt ist die Wutbürgersprache (Kampfradler, Stehzeug usw.), das ist beim 10. Mal tatsächlich maximal halb so witzig wie wahrscheinlich mal ursprünglich gedacht, sachlicher Ton wäre cool!

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    1. da möchte ich mich anonym meinem anonymen Vorschreiber anschließen. Die gefühlte Seriösität bleibt mit dieser (wiederholten) Wortwahl leider ein bisschen auf der Strecke.

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  3. Ich glaube nicht an den neuen Senat.
    Ich halte die Ankündigungen für Husarenmeldungen, die die grüne Basis über den Verlust ihres Lieblingsprojekts Stadtbahn hinwegtrösten sollen und die Zustimmung für den, aus grüner Sicht, mehr als mauen Koalitionsvertrag organisieren sollen.

    - die Anzahl der für Radverkehr zuständigen Behördenmitarbeiter soll NICHT erhöht werden - obwohl in den letzten beiden Jahren von den ohnerhin spärlichen Stellen einige gestrichen wurden.
    Es gibt also gar keine Planungs- und Ausführungskapazität.
    Mehr als "Mischverkehr" anordnen und hie und da einen "Streifen" malen lassen können die nicht schaffen.

    Von einer Erhöhung des mickrigen Radverkehrsetats ist ebenfalls nicht die Rede. Für die Pläne, die eh keiner ausführen kann, weil keiner da ist, wird deshalb obendrein der "Finanzierungsvorbehalt" greifen.
    Doppelt genäht hält besser.

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